In Nordrhein-Westfalen herrscht bei den Trägern von Alten- und Pflegeheimen große Unruhe. Befürchtet wird, dass Mitte 2018 bis zu 10.000 Pflegeplätze wegfallen könnten. Dadurch könnten mehrere Hundert Seniorenheime in eine wirtschaftliche Notlage geraten.
Hintergrund
Der Landtag hatte bereits 2003 beschlossen, dass zum 31. Juli 2018 im Land mindestens 80 Prozent der Betten in einem Seniorenheim als Einzelzimmer bereitgestellt werden müssen. Um dies umzusetzen hatten die Betreiber von Altenpflegeeinrichtungen eine nun endende 15-jährige Übergangszeit.
Das hört sich zunächst nach viel Zeit an, ist es aber nicht. Denn in den vergangenen Jahren hat die Politik mehrfach die Wege zur Refinanzierung der Millioneninvestitionen verändert und verkompliziert, wodurch sich die Planungssicherheit für die Heime verschlechterte.
Zum einen ist es mit der Gesetzesnovelle von 2014 komplizierter geworden, Modernisierungskosten über den Pflegesatz auf die Bewohner umzurechnen und zum anderen fehlt es oftmals an den so dringend benötigten Grundstücken für Neubauten. Denn die Ertüchtigung von Altbauten lässt sich nur unter sehr schwierigen Bedingungen bewerkstelligen.
Im Jahr 2002 wurden noch gut zwei Drittel der Heimbewohner in Doppelzimmern untergebracht. Damals noch Standard. Doch heutzutage gelten so viele Doppelzimmer als veraltet. Wer heute pflegebedürftig wird, möchte nicht mehr in einem Mehrbettzimmer leben und hat daneben auch höhere Ansprüche an sein Wohnumfeld.
Infolgedessen hat der Gesetzgeber zum 31. Juli diesen Jahres nicht nur die Einzelzimmerquote von 80 Prozent beschlossen, sondern zum Stichtag treten auch höhere verbindliche Qualitätsstandards in Kraft, nach denen Bäder umgebaut und Gemeinschaftsflächen vergrößert sein müssen. Und zu guter Letzt darf nur noch jedes fünfte Zimmer, also maximal 20 Prozent, mit zwei pflegebedürftigen Personen belegt sein.
Zur Situation
In NRW gab es zuletzt 2.626 stationäre Pflegeeinrichtungen (teil- und vollstationär), darunter 2.162 vollstationäre Einrichtungen („Alten- und Pflegeheime“) mit 176.598 vollstationären Dauerpflegeplätzen.
Quelle: Ministerium für Arbeit Gesundheit und Soziales NRW
Da die Pflegestatistik des Landes nur alle zwei Jahre erhoben wird, beziehen sich obige Angaben auf das Jahr 2015 und wurden zuletzt am 16. Januar 2016 aktualisiert.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums hatten Anfang diesen Jahres 557 der 2.626 teil- und vollstationären Heime bislang noch nicht die benötigte Einzelzimmerquote erfüllt.
Vielen Seniorenheimen droht ein Platzabbau
Trotz millionenschwerer Investitionen in den vergangenen Jahren werden viele Seniorenheime die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen können. So rechnet auch die zuständige Heimaufsicht damit, dass durch die Umbauten Heimplätze - die benötigt werden - wegfallen.
Denn Heime, die die gesetzlichen Auflagen zum Stichtag nicht erfüllen können, müssten Betten aus den bisherigen Doppelzimmern schieben. Ehemalige Doppelzimmer werden dann zu Einzelzimmern. Auf diesem Wege werden aber letztlich Plätze abgebaut und somit die Heime verkleinert. Aber nur so lässt sich die Quote zum Stichtag erfüllen.
In Folge dürfen die betroffenen Alten- und Pflegeheime Plätze in den frei werdenden Mehrbettzimmern oberhalb der erlaubten 20 Prozent ab dem 01. August 2018 nicht mehr neu belegen. Mit anderen Worten: Diesen Heimen droht ein Belegungsstopp.
Zwar muss niemand aus einem Seniorenheim ausziehen, auch nicht aus einem Doppelzimmer. Aber frei werdende Doppelzimmer oberhalb der erlaubten 20 Prozent dürfen ab dem 01. August nicht mehr neu belegt werden.
Ausnahme: Kurzzeitpflege
Eine Ausnahme vom Belegungsstopp besteht für die Kurzzeitpflege. Überzählige Doppelzimmer dürfen während einer Übergangszeit für eine kurze Verweildauer von Pflegebedürftigen genutzt werden. Die Einrichtungen müssen aber bis Ende Juli 2021 so umgebaut sein, dass sie dann über ausreichend Einzelzimmer verfügen. Auch Bäder dürfen dann nur noch von maximal zwei Bewohnern genutzt werden.
Vorgabe im Landespflegegesetz
Die Einzelzimmerquote, die bereits im alten Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) festgeschrieben worden war, soll gesteigert werden. Verfolgtes Ziel des Landespflegegesetzes ist es, dass inzwischen veraltete Mehrbettzimmer aus dem Pflegealltag verschwinden zu lassen.